Laut dröhnte die Musik durch die weiten Hallen der spartanisch eingerichteten Eigentumswohnburg. Wummernde Bässe ließen die Gläser in den Schränken leise klirren. Eine gekrümmte Gestalt, bewaffnet mit einem altertümlichen Staubwedel, tänzelte grazil im Takt fremdländischer Töne von Möbelstück zu Möbelstück und befreite diese vom mittlerweile recht dicken Staub. Theodorus, dienstbarer Geist des Magiers Herrjemine Bügebeis, war bei seiner täglichen Hausarbeit.
„Wird langsam Zeit, dass der Alte wieder nach Hause kommt. Treibt sich in seinem fortgeschrittenen Alter noch in den westlichen Wäldern rum auf der Suche nach neuen Erkenntnissen. Als ob es hier nicht schon genug zu tun gäbe.“ Mit diesen Worten wollte er sich gerade dem riesigen Bücherschrank zuwenden, als er von einer lauten Fanfare in seiner Arbeit gestört wurde.
„Jetzt brat mir doch einer ein Schwein auf Holzkohle. Das hört sich ganz nach dem Briefkasten an. Mal sehen, was da angekommen ist.“ Man muss dazu wissen, immer wenn ein Brief sich in den antiken Kasten verirrte erklang jene Fanfare durchs ganze Haus. Theodorus legte den Wedel auf einen Tisch und begab sich schlurfenden Schrittes zur Eingangstür. Durch die gelb getönte Scheibe sah er gerade noch den Postkurier, Verdom-Fanny Laberdan, mit hängenden Schultern in seinem typisch tapsenden Gang die Auffahrt hinunter stolpern. „Das ist auch so ein armer Gescheiterter. Galt einst in der Stöckchenszene als möglicher Konkurrent des großen Harpo Tilly. Konnte ihn sogar einmal besiegen. Jetzt trägt er wieder brav die Post aus seitdem er wieder und wieder vor der Scheibe vernichtet worden war. Irgendwie tut er mir leid.“ Mit diesen Worten, im Selbstgespräch geäußert, öffnete er den Briefkasten rechts der Türe.
Eine dicke Rolle fiel ihm entgegen und natürlich auf den Boden. „War ja klar. Jetzt darf ich mich auch noch bücken“ fluchte er, schloss den Briefkasten wieder und bückte sich umständlich nach der Rolle. Laut ächzend, mit der linken Hand den Rücken stützend, richtete er sich wieder auf. „Lesepause“ meinte er zu sich selbst, schlurfte ins Wohnzimmer, ließ sich in den Sessel fallen und betrachtete die Rolle. ’An den OPPA, Dartagonia’ stand da in einer zierlichen Schrift auf billigem Packpapier. Das Ganze war mit einem roten Seidenband umwickelt, welches durch ein sonderbares Sigel zusammen gehalten wurde. Neugierig brach er das rote Wachsoval und rollte das Schreiben auseinander. Ein langer Brief auf noch billigerem Papier, offensichtlich aus einem Schulheft gerissen, kam zum Vorschein. Theodorus begann zu lesen:
Offener Brief an „Oppa the Elend on Tour”
Hallo Oppa,
dass wir erst jetzt auf die Beschreibung Deiner beschwerlichen Reise zu uns nach Absurdistan antworten können, liegt daran, dass wir selbst auf einer langen anstrengenden Reise, ohne Handy, ohne I-Pad und sonstige Utensilien des modernen Lebens waren, auf der Suche nach dem Ursprung von Amors Pfeilen.
Uns ist immer noch rätselhaft, warum wir nicht das Ziel, sondern 50 Meter daneben eine Dame getroffen haben, auch wenn sie uns bis heute noch dankbar dafür ist.
Unsere Reise führte uns in viele Gestaden dieses unseres
-------??? Globusses..Klobusses…???
------- (um Korrektur wird gebeten)
( zugegebener Maßen sehr, sehr frei nach dem großen Pfälzer Philosophen H. Kohl )
Wir dachten uns, dass Amor vielleicht Dartpfeile benutzte, die man bekanntlich nicht verschießen, aber sehr gut unsichtbar mit sich führen kann.
Es ist schließlich lästig und unhandlich einen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen dabei zu haben.
So landeten wir während unserer Recherchen u.a.
in Dartmouth Victoria Australien
in Dartmouth Nova Scotia Kanada
in Dartmouth Massachusetts USA
in Dartmouth Kansas USA
und letztendlich bei George Legge, 10th Earl of Dartmouth in Devon in England.
Ein Interview mit ihm brachte uns auch nicht weiter.
Aber als wir mit traurigen Mienen, hängenden Schultern und schleppenden Schrittes durch das Portal sein Anwesen verließen, winkte uns der Gärtner zu sich heran.
Er hatte wohl gespürt, dass wir nicht zu Potte gekommen waren, und fragte uns nach dem Grunde unserer Traurigkeit. Wir erklärten ihm unser Anliegen, worauf ein wissendes Lächeln über sein Gesicht huschte.
Er wies uns auf eine etwas abseits gelegene alte Kapelle und sagte: „...gehet dort hinein, und Ihr werdet links vom Altar eine kleine Pforte sehen.
-öffnet sie, tretet ein und rufet ..HALLO, IST DA JEMAND?
-und eine Stimme wird Euch antworten.......
-die Stimme des 3th Earl of Dartmouth“
Wie der Gärtner uns gesagt, begaben wir uns in die Kapelle, öffneten die kleine Pforte, traten ein und riefen, wie uns geheißen.
Und es antwortete, wie aus einer Gruft hallend: „ Hast’ mal ne Maak?, Wer seid Ihr, warum seid Ihr hier, und warum stört Ihr mein wohlverdientes Mittagsschläfchen ?“
Er nahm auch Euros und wir erklärten ihm den Sinn unseres Daseins, baten um ein posthumes Interview, das er uns dann auch gewährte.
Auch er wusste unsere Frage nicht zu beantworten, und erklärte uns durch einen
ganz banalen Pfeil ( oder war es ein Bananenpfeil? )
aus dem Leben geschieden zu sein.
Zwar gab es zu der Zeit bereits Feuerwaffen, aber Lärmendes über 60 Dezibel war aus gesundheitlichen Gründen am Hofe verpönt, damit es neben den ohnehin reichlich vorhandenen physischen und psychischen Defekten nicht auch noch zu Knallschäden kommt.
Viele hatten und haben aber auch ohnehin schon einen Schuss.
Wir schüttelten dankbar seine Knochen, , ließen uns den Euro quittieren und zogen um eine Erfahrung reicher, aber erfolglos von dannen..........
Es grüsst Dich
P.S. Wir haben beschlossen, Deinen selbst gewählten Namen Gruftnix,
in der Volksgruppe der IXEN aufzunehmen unter
Gruftnix der „Highländer“ der Unsterbliche
„Das ist mal wieder typisch für den Alten. Ich schufte mir hier den Buckel krumm und der lässt es sich gut gehen. Was da nur los sein mag? Wird langsam Zeit, dass der wieder zurück kommt und seine Sachen selber regelt. Alles bleibt immer an mir hängen. Erst schickt er einen Reisebericht und jetzt kommt auch noch so ein Brief.“ Laut vor sich hin fluchend legte Theodorus den Brief aus der Hand auf den Tisch und beschloss sich mit einer guten Flasche von Herrjemines bestem Roten zu belohnen. Er stand auf und machte sich auf den Weg in den gut sortierten Weinkeller der Burg.
*****
Zehn Minuten später saß er wieder heftig nach Atem ringend im bequemen Sessel, vor sich ein nur noch halb gefülltes Weinglas und eine offene Flasche ’1976-er Mouton Cabernet de Silgenweid, Nordhang, dritte Pressung’, lauschte andächtig den Klängen der Musik und ließ es sich gut gehen.
Die Augen geschlossen träumte er von seiner Heimat, einer grünen Insel umspült von den sanften Wellen des Weltenmeeres, und fragte sich „Was wohl als Nächstes kommen wird?“