Dartagonia

Die Abenteuer von Quark Cent

 

 

 

 
  Text copyright © by Duke Wahlarzt  
     
 

Wie an jedem dieser verdammt langweiligen Wochentage schlich Quark Cent zu seinem Arbeitsplatz in der Großbäckerei BDO (Bad Donuts Organization) in der Fleetstreet nahe der City Londons. Es war einer dieser eisigen Herbstmorgen, bei denen der erste Schritt vor die Tür jedem normalen Mitbürger um 5 Uhr in der Früh die Gänsehaut über den gesamten Körper getrieben hätte. Nicht so bei Quark. Er war ein Superheld, doch keiner wusste davon.

Für seine wenigen Freunde und Nachbarn war er immer nur der nette Kerl von nebenan. Er war immer freundlich, half jeden Nachmittag der alten Dame Miss Hankey, im Appartement über ihm, die Einkaufstaschen bis in den 4. Stock zu tragen, führte zeitweilig den Hund der Adams-Family aus, spielte im Lokal County Darts (dies allerdings recht bescheiden) und erschien stets freundlich und unauffällig gegenüber jedermann.

Auf dem Weg zur Arbeit schüttelte sich Quark nicht aufgrund der Kälte, sondern nur, weil es ihm gerade bewusst wurde, dass er heute für den „Take-Away-Verkaufstand“ direkt vor der Bäckerei eingeteilt war. Er hasste die Kunden dort; sie waren immer hektisch, laut, wichtigtuerisch – eben typische Reporter, von denen es in dieser Straße mehr als genug gab. Einzig positiv an ihrem Verhalten war ihre Geschwätzigkeit und den daraus resultierenden Informationen, von denen Quark alias „Semmelmän der Superheld“ immer wieder Stoff für neue Supertaten erhielt.

Eigentlich mochte er seinen Job in diesem sympathischen Familienunternehmen, welches sich im Laufe der Jahrzehnte zur Großbäckerei gemausert hatte und sich stets der Übernahme durch eine noch größere und noch kommerziellere Institution gewehrt hatte. Besonders am Herzen lag ihm jedoch die gut aussehende Frau des Besitzers - Lara Cloft. Sie war viel jünger als ihr Mann, hatte Stil, verhielt sich stets angenehm gegenüber allen Mitarbeitern und war eine echte Granate was das Äußerliche betraf. Als er an diesem Morgen die noch warmen Zuckerschnecken in die Verkaufsvitrine legte, musste er wieder an sie denken; sie war stets gut gekleidet, immer sportlich und hatte zu jeder Zeit ein nettes Wort für ihn übrig. "Vielleicht lerne ich sie ja mal näher kennen" träumte Quark vor sich hin während er die verschiedenen Donutssorten in der Auslage sortierte.

Er wurde jäh aus seinen feuchten Träumen gerissen als auch schon der erste Kunde lautstark am Stand erschien:
„Eyy gib mir mal `nen Donut – aber keinen alten. Ich will einen bunten mit viel Zucker oben drauf, so einen, der Laune macht, ha, ha, ha…..“.
"Oh je !" dachte Quark, so kann nur einer lachen – er schaute nach oben und erblickte Dissle Turbed vom Ex`n-Hop-Verlag.
„Guten Tag Mr. Turbed“, sprach Quark, „welchen hätten´s denn gerne?“
Dissle betrachtete sich die Auswahl und sagte abfällig: „Nun ja, gib mir irgendeinen – bald werdet ihr ja sowieso nichts mehr verkaufen. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass ihr in Kürze vom Konkurrenten PDC (Professionell Donuts Company) übernommen werdet. Da hast du 1 $ - behalte den Rest – bist ja sowieso bald arbeitslos....!“

Während Dissle Turbed sich mit schallendem Gelächter auf den Weg zurück zu seinem Arbeitsplatz machte und den gekauften Donut verächtlich in einen Mülleimer warf, verschärften sich Quarks Sinne unweigerlich und er spürte genau wie sein Körper versuchte sich innerhalb kürzester Zeit in einen Superhelden zu verwandeln – er musste sofort reagieren ohne bemerkt zu werden.

Wenn Dissle recht behielt würde er einschreiten müssen. Sein Körper schrie bereits danach zum Superhelden zu mutieren. Schnellen Schrittes eilte Quark in den Backraum und lenkte die anderen Mitarbeiter geschickt ab in dem er rief: „Hey da draußen läuft Gina Trulliver !“ Während seine BDO-Mitstreiter aufgeregt durch die Tür rannten, hetzte Quark zu Backautomat 3, in dem sein Superkostüm hing, öffnete die Türe, sprang hinein, schaltete auf 300 Grad, Backzeit 4 Sekunden und hüpfte innerhalb kürzester Zeit als frisch gebackener (hö, hö – „gebacken“ - saukomisch….) „Semmelmän“ wieder hinaus. Er flog sofort durch das erste offene Fenster, schwebte noch eine Weile über dem Ex`n-Hop-Verlagsgebäude und wusste genau, was er zu tun hatte…..

Während er über dem Ex`n-Hop-Verlagsgebäude schwebte, erinnerte er sich daran, wie er als Kind von seiner Mutter erfuhr, wie er zu seinen Fähigkeiten gelangt war. Seine Mutter arbeitete bereits bei der BDO, als Quark noch ein Baby war, und nahm ihn oft mit zur Schicht. In einem Moment der Unachtsamkeit fiel er in eines der großen Semmelteigrührgeräte. Sein Körper hatte nun nur die Wahl, entweder zu sterben oder binnen Sekundenbruchteilen Superkräfte zu entwickeln. Der kleine Mr. Cent entschied sich für letzteres und katapultierte sich gerade noch aus dem Rührgerät, bevor ihn die riesige Schaufel erfassen konnte. Seit diesem Tage besitzt er nicht nur die Fähigkeit zu fliegen und seinen Röntgenblick, sondern er ist auch in der Lage, mit den steinharten Brötchen der BDO vom Vortag  jeden Gegner auf 200 Meter gezielt nieder zu strecken. Der damalige Abteilungsleiter und Gewerkschaftsführer H.J. Almer (aufgrund seiner langen Zugehörigkeit und seiner fürsorglichen Weisheiten stets auch nur „Dad Almer“ genannt), vertuschte damals geschickt das Geschehen und sorgte dafür, dass Familie Cent in Ruhe ohne Belästigung der sensationslüsternen Reporter in dieser Straße weiterleben konnte. Bis heute ist Dad Almer der einzige, dem die Wahrheit über Quark und seinen Superkräften bekannt ist.

Nun musste sich Semmelmän aber erst einmal Gewissheit verschaffen, ob die von Dissle Turbed ausgeplauderten Informationen tatsächlich der Wahrheit entsprachen - sein Röntgenblick sollte ihm hierbei behilflich sein. Verdammte "Niedrig-Energie-Bauweise“ schimpfte Semmelmän aufgrund der dicken Isolierung des Gebäudes und des damit verbundenen unscharfen Bildes vor sich hin.
Jedoch konnte er erkennen, wie Dissle Turbed bei seinem Chef Ex`n-Hop im Büro saß. Neben ihnen stand zudem der freiberufliche Sensationsreporter Jordan Chewing-Gumway. Eben dieser Jordan redete, wie immer ständig Kaugummi kauend, auf die beiden ein: „Wir wissen nun also aus sicherer Quelle, dass Harry Burns, der Chef der PDC, dem alten Cloft ein Angebot gemacht hat. Ehrlich gesagt haben mir die alten Semmeln von der BDO noch nie geschmeckt und die faden, mit Martini und Gin Fizz geflavourten Blueberry-Muffins, die sie unter dem Namen „Martin-Fizzmuffin“ verkaufen, kann doch keiner mehr riechen. Ich bin dafür die Sache in der Yellow-Press groß aufzuziehen und damit den Plan der PDC zu unterstützen. Sicherlich wären einige der Mitarbeiter auch für einen Klimawechsel. Allerdings müssten wir hierzu auch die Gewerkschaft der BDO auf unsere Seite bringen.“

Ex`n-Hop stimmte dem Plan von Chewing-Gumway begeistert zu – diese Schlagzeilen würden richtig viel Geld in die Kasse der Firma spülen und er freute sich insgeheim schon auf die vielen Leserbriefe und die weiteren Berichte, die diese Neuigkeit nach sich ziehen würde. Die Verschwörung gegen das sympathische Familienunternehmen Bad Donuts Organization war perfekt.

Semmelmän, der sich stets vornahm seine Superkräfte immer für den richtigen Moment aufzuheben, konnte nicht anders; vor Wut nahm er eine Semmel von gestern aus seiner Munitionstasche und schleuderte diese geradewegs durch die große Scheibe der Büroverglasung.
Mit lautem Klirren und einem dumpfen Schlag landete die Semmel genau an Turbeds Hinterkopf.
„Auaaaaa“ – jaulte dieser auf, kippte vorwärts auf den Schreibtisch seines Chefs und blieb dort benommen liegen. Ex`n-Hop ergriff das Wurfgeschoss und schaute erschrocken zu Chewing-Gumway. „Das Brötchen ist so hart und trocken – es kann eigentlich nur von der BDO stammen,…aber wie um Himmelswillen…wir sind doch im 7. Stockwerk….“
 

Immer noch völlig aufgewühlt durch die Ereignisse des heutigen Tages stapfte Quark auf seinem Nachhauseweg durch die vom starken Regen nasse Fleetstreet. Wütend trat er gegen eine leere Bierdose die auf dem Gehsteig lag und beförderte sie mit einem mächtigen Rasseln gegen eines der parkenden Autos. Wütend war er hauptsächlich über sich selbst; wie konnte er sich nur zu dem Semmelwurf hinreißen lassen. Zudem musste er sich für sein Fernbleiben am Arbeitsplatz noch bei Olli Cloft verantworten – der hatte ihn ordentlich in den Senkel gestellt und sogar mit Entlassung gedroht.

„Was für ein Scheißtag“ brabbelte Quark vor sich hin. Schlimm genug, dass sich ein Großkonzern wie die PDC für eine feindliche Übernahme der BDO interessierte, aber dass diese bornierten und sensationsgeilen Pressefuzzis wie die Hyänen über diese Geschichte herfielen, stimmte ihn besonders missmutig. Zuhause angekommen wollte er nur noch mit seinem einzigen Kumpel im Haus, dem puertoricanischen Einwanderer Henros Federos Fernandez de la Hoya Veracruz bei einer Pizza und ein paar Bieren den Abend ausklingen lassen. Henros Federos Fernandez de la Hoya Veracruz war sehr stolz auf seine Herkunft und bestand immer darauf, dass sein Name komplett und richtig ausgesprochen wurde. Er hatte im Parterre des Mietshauses einen kleinen Imbiss mit Fisch- und Fleischspezialitäten aus seiner Heimat, war immer bodenständig, nach etwas Alkohol sehr redselig und wusste nichts von Quarks Doppelleben als Superheld.

Wie immer begrüßte er Quark mit einem lauten aber fröhlichen „Olla Hombre“ bereits am Fenster und freute sich schon auf die harten Semmeln die Quark immer für ihn mitbrachte und mit denen er am nächsten Tag wieder seine Schnitzel klopfen konnte.

Nachdem Quark seinem Kumpel sein Leid geklagt hatte und sich die beiden ihre Pizzen und ein paar Bier einverleibt hatten, holte Quark ein Päckchen aus seiner Hosentasche und sagte stolz: „Schau nur Henros Federos Fernandez de la Hoya Veracruz. Ich habe uns noch einen Nachtisch mitgebracht – unseren berühmten „Martin-Fizz-Muffin.“ Henros Federos Fernandez de la Hoya Veracruz drehte verächtlich den Kopf beiseite. „Amigo – que passa – jeder hier in diese verdammte Stadt weiß, das diese Ding nach Verwesung riecht und es nix genießbar ist. Dein Firma brauchte mal wieder andere Produkt. Iche zum Beispiel habe in mein Sortiment Kittelschurze aufgenomme. Verkaufe ich Snitzelburger, sage ich zu Kunde: „Hossa tropft meine Burger heute widder – kaufst du auch Kittelschurze, bleibt Ansug sauber“ – funzioniert bei jedde zweite Kunde. Solche Idee braucht auch BDO."

Noch immer verwirrt durch die ihm vorgetragene „Kittelschürzen-Cross-Selling-Strategie“ stieg unser Superheld die Treppen zu seinem kleinen möblierten Zimmer empor und überlegte, wie er die Attacke auf die BDO noch abwenden könnte. Hatte Henros Federos Fernandez de la Hoya Veracruz tatsächlich recht und die BDO bräuchte ein neues Produkt um ihre Selbstständigkeit bewahren zu können. Er wusste, dass er heute nur leidlich schlafen würde.

„Verdammtes südamerikanisches Bier“ nörgelte Quark am nächsten Morgen mit sich selbst.
Er wusste genau, dass er davon nicht viel vertrug. Er ließ sich aber immer wieder zu einem letzten Schluck hinreißen, der ihn am nächsten Tag wieder einmal, beim Blick in den Spiegel, ins Gesicht geschrieben stand. Verdammt spät dran und mit einem ordentlichen Kater im Kopf machte er sich gequält auf den Weg zur Arbeit.
„Hallo Mr. Cent“ schallte ihm von einem Stock höher die liebliche Reibeisenstimme von Mrs. Hankey entgegen. „Wenn Sie auf dem Weg nach unten sind könnten Sie dann bitte meinen Müll mit runter nehmen?“ „Ja, ja, ich komme schnell hoch und nehme den Kram mit“ erwiderte Quark.
Wie immer befanden sich im Abfall von Mrs. Hankey nur Knochen. Auch konnte er in ihren Einkaufstüten, die er oft genug nach oben getragen hatte, nie etwas anderes als Fleisch entdecken und das, obwohl sie laut Auskunft des Hausmeisters nicht einmal eine Kochplatte, geschweige denn einen Herd besaß. Trotzdem machte sich Quark keine weiteren Gedanken, da Mrs. Hankey immer freundlich war und trotz ihrer Halbglatze und ihrer seltsam geformten Schneidezähne immer gepflegt aussah.

Die Knochen versuchte Quark wie immer direkt eine Etage tiefer bei der Adams-Family los zu werden und klingelte dort auch direkt auf dem Weg nach unten. Ein paar Sekunden später öffnete sich die Tür und der bärtige Mr. Adams blinzelte ihn durch sein uraltes Kassengestell freundlich an.
„Hey Quark, altes Haus – bringst du wieder Knochen für unseren Pitbull?“ Er pfiff nach seinem Hund und rief: „Schau nur, Tanner, was der liebe Onkel von oben wieder mitgebracht hat, ha, ha, ha…“ Gierig verschlang der Köter die Knochen samt der Tüte. Mr. Adams bedankte sich wie immer überschwänglich und schloss die Tür hinter sich.

'Sind schon seltsame Mitbewohner in diesem Haus', grübelte Quark, während er sich beeilte noch rechtzeitig auf die Arbeit zu kommen. Trotzdem fühlte er sich allen gegenüber solidarisch, da sie außer Henros Federos Fernandez de la Hoya Veracruz auch bei der BDO arbeiteten. Neben der alten Hankey, die immer nur nachts die Fußböden bei der BDO schrubbte und Adams, der nur einen Teilzeitjob bekleidete indem er die zahlreichen Pokale abstaubte, welche die BDO in alten und guten Zeiten als Auszeichnung von der Landes-Bäcker-Innung erhalten hatte, gab es da noch im 2.Stock John Dalton, einen ehemaligen Hilly-Billy, der mit seiner 14-köpfigen Familie vor 15 Jahren nach London gezogen war, um mit seiner früher abgeschlossenen Ausbildung als Schafshirte ausgerechnet in der Buchhaltung der BDO den Job des Prokuristen zu bekommen. Dies war schon immer für alle verwunderlich gewesen, da er sich bis heute stets der Computertechnik verweigerte und immer noch mit seinem alten Rechenschieber arbeitete, indem er auf übereinander gespannten Schweinesehnen kleine Kügelchen aus getrocknetem Schafskot hin und her schob - trotzdem, was noch verwunderlicher war, stimmte die Bilanz immer bis auf den letzten Penny.

In der sicheren Gewissheit, dass all diese Leute nie mehr einen Job fänden, wenn die BDO von der PDC übernommen werden würde, wusste Quark nun endgültig, dass nur er mit seinen Superkräften das drohende schreckliche Schicksal dieser integeren Leute ändern konnte.

 
 

  (Achtung – der Text ab hier ist aufgrund der expliziten Erotik erst ab 18 Jahren frei gegeben)

Ja, ich glaube 18 Jahre oder älter zu sein

Nein, ich bin zu jung und lese nun weiter den DSAB-Thread
(bitte entsprechendes anklicken)

 

 
 

Als Quark seine Arbeitsstätte erreichte, herrschte in der BDO eine schreckliche Unruhe. Alle redeten wirr durcheinander und diskutierten lautstark. „Hey Quark!", rief ihm sein Kollege Chick Dogsback zu. „Hast du schon die Morgenausgabe vom Ex`n Hop-Mirror gelesen? Ich glaube, die wollen uns an die Cojones.“
 Chick drückte Quark das billige Schmierblatt in die Hand. Entsetzt starrte Quark auf die in großen Lettern gedruckte Schlagzeile: „PDC übernimmt BDO – nur noch eine Frage der Zeit.“ Unter anderem berichtete Jordan Chewing-Gumway in seinem Artikel bereits über Unruhen innerhalb des Personals der BDO. Dies war bis zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich gelogen, erfüllte jedoch genau den ersehnten Zweck, wie Quark erkennen musste, als er sich in seinem Arbeitsumfeld weiter erkundigte. Der indischstämmige Donuts-Teigrührer Srednallaah Ybotallaah, der wie immer seine Lauschantennen auf Vollsignal gestellt hatte, verfügte bereits über genauere Informationen: „Es herrschen große Unstimmigkeiten zwischen den Mitarbeitern in unserer Firma. Für morgen ist eine außerordentliche Gewerkschaftsversammlung einberufen worden und ich weiß aus sicherer Quelle, dass die PDC unseren Gewerkschaftsführer Dad Almer zu einem Gespräch und einer Betriebsbesichtigung eingeladen hat, um ihn zu beeinflussen. Das heimliche Treffen soll noch heute Nacht auf dem Gelände der PDC stattfinden.“
 Nun ja, überlegte Quark, bei Dad Almer muss ich mir eigentlich keine Sorgen machen, aber die Leute der PDC sind sehr gerissen und ihnen wäre sicherlich jedes Mittel recht um den Gewerkschaftsführer auf ihre Seite zu bringen. Wer weiß, was sie mit ihm vorhaben. Ich sollte ihn heute auf jeden Fall beschützen und mich rechtzeitig in Semmelmän verwandeln, zumal Dad Almer, wie im Donuts-Business üblich, gerne mal einen über den Durst trinkt und vielleicht Sachen machen könnte, die er eigentlich nicht wollte.
 
 Enttäuscht schaute Henros Federos Fernandez de la Hoya Veracruz seinem Kumpel Quark nach, als ihn dieser bereits nach dem 7. Cerveza um 21 Uhr verließ und Richtung BDO stapfte. Es war genau der richtige Zeitpunkt um sich im ruhigen und unbemannten Backraum zu verwandeln, da die Nachtschicht erst um 22Uhr begann. Nervös und in der Ungewissheit, was ihn heute erwarten würde, kroch Quark in den Donicorn Backautomat, stellte auf 4 Sekunden, 300 Grad – es machte „Pling“, er hüpfte heraus, wollte gerade anfangen zu schweben, als er bemerkte, dass er nicht vom Fleck kam, sondern mit seinen Händen und Füßen am Automat kleben blieb. Erschrocken schaute er zuerst auf seine Hände und dann auf das Fenster, indem sich in den von Mrs. Hankeys frisch geputzten Scheiben des Backraums sein Anblick widerspiegelte.
 Er hatte plötzlich Saugnäpfe an den Fingern und steckte in einem rosafarbenen Kostüm mit der Aufschrift „SZSS“. Da ertönte eine zarte aber feste Stimme: „Was zum Teufel machst du dich an meinem Backautomat zu schaffen?“ Quark drehte, immer noch am Automat klebend, den Kopf und erkannte die gut aussehende junge Frau des Firmeninhabers. Lara Cloft stand neben ihm und musterte ihn zwar argwöhnisch aber auch ein wenig amüsiert.
 Quark atmete prustend aus – nun war ihm einiges klar. Er hatte in der Hektik den Backautomat verwechselt. Kein Wunder, dass er sich immer besonders zu Lara hingezogen fühlte – auch sie ist eine Superheldin; ihr Kostüm hing immer in Automat Nr. 4, in den er sich dummerweise verirrt hatte. Und die Initialen „SZSS“ – klar, die stehen natürlich für „Super-Zuckerschnecken-Schnitte“. Schlagartig ließ die Saugkraft an seinen Fingern und Füßen nach, er kippte nach hinten und blieb für Sekundenbruchteile auf dem Rücken liegen.
 Lara kicherte: „Richtig! Du musst ordentlich ausatmen um die Saugkraft wieder los zu werden – kluges Kerlchen aber steh` jetzt lieber wieder auf; Du siehst aus wie ein betrunkener pinkfarbener Maikäfer am Ende des Christopher-Street-Days in Camden Town. Und bitte zieh´ endlich meinen Anzug aus – der steht mir eindeutig besser.“
 Mit puterrotem Kopf (welcher jetzt übrigens wunderbar mit der Farbe des Kostüms harmonierte) versuchte Quark sich ungeschickt seiner ungewollten Tracht zu entledigen.
 Nicht nur zufällig wanderten die lüsternen Blicke Laras über den wohlgeformten Körper unseres schüchternen Superhelden. Diesen hatte er sich in mühseliger Arbeit in einem Fitnessstudio seiner ursprünglichen Heimatstadt Marketgroning antrainiert. Rasch hüpfte Quark in seinen richtigen Backautomaten und erschien 4 Sekunden später wieder als Semmelmän.
 In Anbetracht seiner nun doch heldenhafteren Erscheinung wurde Quark mutiger und sprach zu Lara, die sich inzwischen ebenfalls zur Superheldin „Super-Zuckerschnecken-Schnitte“ verwandelt hatte: „Was machst du hier eigentlich und was hast du vor?“
 SZSS antworte ihm gelassen: „Nun - ich denke, wir verfolgen das gleiche Ziel – ich beobachte dich schon eine ganze Weile. Wir sollten zusammen versuchen, dass die PDC es nicht schafft, Dad Almer in ihren Bann zu ziehen und damit das Ende der BDO zu besiegeln.“ "Hääh?" fragte Semmelmän, während seine Augen ihrem makellosen Körper entlang wanderten und ihm auffiel, dass weibliche Superheldenkostüme nicht mit einem innenliegenden BH ausgestattet waren, was aufgrund der herbstlichen Witterungsbedingungen im nicht geheizten Gebäude deutlich zum Vorschein kam. „Was hast du gesagt? Die BDO retten? Klar kein Problem – lass uns losfliegen.“

(Ab hier ist übrigens wieder ab 12 Jahre zugelassen – enttäuscht?)

„Leider kann ich nicht fliegen“ antwortete SZSS „aber ich kann sehr weit springen, mich an Gebäuden festsaugen und bin in der Lage aus meinen Handgelenken jede Menge Puderzucker zu schleudern.“
„Puderzucker - Weiberkram“ dachte Quark und war froh, dass er ein richtiger männlicher Superheld war.
Beide machten sich auf den Weg…
 

Semmelmän und SZSS kauerten auf dem Dach der PDC und beobachteten wie Dad Almer gerade seinen alten und nahezu durchgerosteten Ford Corsa auf dem Parkplatz dieses prunkvollen Gebäudes einparkte.
Am Empfang begrüßte ihn sogleich überschwänglich die Chefsekretärin Ellie Pelly und geleitete ihn zum Büro von Harry Burns.
„Schön, dass Sie so viel Objektivität zeigen und uns in unserem bescheidenen Haus besuchen, Mr. Almer“ schmeichelte der PDC-Chef beim Anblick des BDO-Gewerkschaftsführers.
„Zur Feier des Tages gönnen wir uns doch erstmal einen Scotch und dann würde ich Ihnen gerne unseren Betrieb und unsere Produkte vorstellen“ säuselte Burns und reichte Dad Almer ein Half-Pint von feinstem schottischem Single Malt Whiskey. Dad Almer, der sonst nur den billigen Discounter-Whiskey trank, griff erfreut nach dem Glas, leerte es in einem Zug und erfreute sich sofort bester Laune.
„Ich hoffe es macht Ihnen nichts aus wenn uns ein paar nette Leute der schreibenden Zunft auf unserem Rundgang begleiten“ und deutete auf die bereits gierig drein blickenden Printmedien-Hyänen Pat Ex´n Hop, Dissle Tubed und Jordan Chewing-Gumway.
Dad Almer, der sich gerade von seinem dritten Glas Single Malt verabschiedete, grinste nur und lallte: „May the Donuts be with you“ und lachte schallend, weil ihn auf diesen vermeintlich subtilen Witz die drei Presse-Gestalten sehr irritiert anstarrten und ihm schrecklich komisch erschienen.

In der mindestens 1000 qm großen, sehr steril gehaltenen und mit den neuesten Backmaschinen ausgestatteten Fertigungshalle der PDC begann Harry Burns seinen Rundgang mit der Vorstellung seiner besten und stets innovativen Produkte.
Stolz präsentierte er zuerst seinen Verkaufsschlager NO.1: „Das ist der „Power-Donut; seine Konsistenz ist immer sehr konstant. Wir benutzen wenig Zucker für ihn, dafür aber viel Mehl, was ihn zugegebener Weise etwas trocken macht und dennoch reißen ihn uns die Leute aus den Regalen.“ Während die drei Zeitungsfuzzis nicht von dem Gebäck lassen konnten, ständig ehrfürchtig auf diesem etwas zu klein, dicklich geratenen und optisch wenig ansprechenden Produkt mit den Fingern herumdrückten, schüttelte sich Dad Almer bloß und dachte schaudernd „huuuh, was für ein staubiges langweiliges Zeug – hoffentlich kommt noch was Besseres.“
„Nun kommen wir zu einem weiteren Highlight unserer Produktpalette“ erklärte Burns und zeigte auf einen recht hohen und unförmigen Teigklumpen. „Da der Bäcker der diese Teigware erfunden hat Holländer ist, nennen wir ihn 'Mayrand van Charakterfehlt'. Seit dem wir ihn ohne Eier machen ist die Verkaufsquote nicht mehr ganz so gut - der Absatz ist eher rückläufig.“
„Wohl was für Veganer“ kicherte Dad Almer innerlich, versuchte sich aber sofort auf das nächste ihm vorgestellte Produkt zu konzentrieren.
„Und nun einer unserer Newcomer und absoluten Renner“ strahlte Burns und richtete seinen Zeigefinger auf einen flachen in der Mitte stark nach oben gebeulten fahlgrauen Mini-Kuchen.
„Er sieht zwar etwas unscheinbar aus, jedoch ist die Füllung umso überraschender. Bitte probieren Sie gerne – aber ich muss Sie warnen; die Füllung besteht ausschließlich aus Bacardi. Wir haben deshalb zwar Probleme mit der Staatsanwaltschaft, die uns einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorwirft, jedoch ist der Umsatz gerade bei den Obdachlosen in der Stadt stark angewachsen und zumal auch einige alternde Moderatorinnen dieser Gegend ihn uns praktisch aus den Händen reißen, wollen wir weiterhin an diesem wunderbaren Produkt festhalten. Es trägt den Namen „James What`s Up“, weil man nach dem Genuss oft nicht mehr weiß, was eigentlich los ist.“
„Lecker“ – dachte sich Dad Almer, warf eines der Teile in die Luft, fing es geschickt mit dem Mund auf und schluckte es gierig hinunter. Noch kauend starrte er erschrocken auf Dissle Turbed, der sich beim Anblick dieses bleichen Gebäcks ebenfalls nicht zurück halten konnte, sich gleich zwei Stück in den Mund stopfte und den Rest der Serie in seinen Taschen verstaute.

Ex´n Hop und Chewing-Gumway bewunderten Harry Burns, dass er trotz der mittlerweile fatalen Gemütszustände von Dissle Turbed und Dad Almer immer noch Contenance bewahrte und den inzwischen fürchterlich betrunkenen Gesellen weiterhin versuchte, die hoch gelobten PDC-Produkte schmackhaft zu machen. „Dieses Gebäck namens 'Wine-Fartl' in Form einer kleinen Insel mit einer Palme oben drauf ist schon lange bei uns im Sortiment. Es ist unter anderem mit hawaiianischem Wein gefüllt, der bei den Konsumenten entweder große Glücksgefühle hervorruft oder zu starken Blähungen führt – wir sind der Sache aber noch nicht auf den Grund gekommen.“
Dad und Dissle prusteten lauthals los und gaben sich keinerlei Mühe mehr ihren alkoholbedingten Lachkrämpfen freien Lauf zu lassen.

SZSS und Semmelmän beobachteten die skurrile Situation mit gemischten Gefühlen und hofften nur, dass sich Dad Almer noch einigermaßen durch den Abend würde retten können…

 
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