Dartagonia

Exodus Epilog

 

  by OPPA, The Elend on Tour  
 

 

 

 
 

ReinRed  saß in der Tinte. Wieder einmal in seinem nach Jahrhunderten zählenden Leben war er unter Umgehung der Traufe mitten in der dicksten Kacke gelandet. Die Schergen führten ihn in den göttlichen  Gerichtssaal über dessen weit offener Tür in flammenden Buchstaben unheilvoll die Worte "Himmlisches Geplänkel" prangten und der wie erwartet aus allen Nähten platzte. Die Roten Daemonen drängten sich auf den Zuschauerwolken; niemand wollte diesen Prozess verpassen. ReinRed nahm auf der Wolke für Angeklagte Platz. Sein Verteidiger, ein umtriebiger Erdest-Taler namens Serpin Spiner, setzte sich neben ihn. Ein Raunen ging durch die Menge, als die Anklägerin erschien, Ülks Nietcafe. Sie maß ReinRed und seinen Anwalt eines geringschätzigen Blickes und setzte sich würdevoll auf die Wolke des Staatsanwalts. Plötzlich erhellten Blitze den Gerichtssaal. Ein Gewitter mit brüllendem Donner und gewaltiger Lightshow. Die Herren von den Special-Effects gaben mal wieder alles. Das Feuerwerk erreichte seinen Höhepunkt und aus einem gleißend hellen Licht materialisierte sich der Richter.
Pracker Ixten hasste diese Effekthascherei, doch auf der anderen Seite wollte er seine Fans nicht enttäuschen. Das Publikum war ekstatisch. Der Himmel toste vor Beifall. Dann sprach der Herr:
"RUHE BITTE! RUHE IM SAAL!” (Pracker Ixten spricht grundsätzlich in Großbuchstaben. Die Kleinschreibung hat er nie gelernt. Pracker Ixten ist Legastheniker, doch das fällt niemandem auf, denn jeder hält es für ein geniales Stilmittel).
Die Menge beruhigte sich, nur die jüngeren weiblichen Roten Daemonen hielten noch brennende Feuerzeuge hoch. Pracker Ixten schwang einen mächtigen Hammer und ließ ihn mit solcher Wucht auf den Richtertisch knallen, dass Scherbien, das sich zufälligerweise gerade unter ihm befand, von mittleren Erdbeben heimgesucht wurde und in den Wolfiebergen ein Vulkan ausbrach. Das tat ihm jetzt auch wieder Leid, aber er war nun mal ein Freund großer Gesten:
"HIERMIT ERÖFFNE ICH DEN PROZESS, DIE HIMMLISCHE GERECHTIGKEIT GEGEN DEN MAGIER REINRED BENLEB. FRAU STAATSANWÄLTIN, SIE HABEN DAS WORT.”


Ülks Nietcafe erhob sich und trug die Anklage vor: "Der Angeklagte, Magier ReinRed BenLeb, war zum Dienst als Beschützer der Erdling-Talker eingeteilt. Die Bedeutung der Aufgabe wurde ihm eindringlich klar gemacht. Sein Auftrag lautete, die Wissenschaft des geräuschvollen Spieles zu beschützen, damit diese nicht verloren gehe. Doch Magier ReinRed vernachlässigte seine Aufgabe sträflich indem er sich aus niederen Beweggründen aus der Liga seines Landes verabschiedete. Sein Verein DC NérgEtchöm musste durch seine Schuld in die Niederungen der Schwarzen Ligen abtauchen. Der Fall ist klar, daher beantragt die Anklage die Höchststrafe.” Sprachs und setzte sich mit siegessicherem Lächeln.
"ICH ERTEILE DEM HERRN VERTEIDIGER DAS WORT”, sprach der Herr, unser aller Pracker Ixten. Serpin Spiner stand auf: "O himmlischer Richter, werte Frau Staatsanwältin, anwesende Rote Daemonen, mein Mandant hat die Tat bereits gestanden. Es liegen also mildernde Umstände vor. Ich beantrage, die Beweisführung abzuschließen und ersuche das Gericht um eine geringe Strafe. Ein Jahr Küchendienst auf Bewährung an Bord der Forenkeller halte ich für angemessen, zumal sich mein Mandant bisher nichts hat zu Schulden kommen lassen.”
"Euer Ehren, ich protestiere!” Ülks redete sich in Rage: "Ich will die niederen Beweggründe des Angeklagten offen legen, jene perversen, zügellosen Triebe, welche ihn verleiteten, seine Pflicht zu ignorieren, obwohl er wusste, dass dies der Welt unglaublichen Schaden zufügen würde. Ich beantrage ein Kreuzverhör.”
"Frigide Zicke!”, dachte ReinRed. Ein Aufschrei ging durchs Publikum, denn alle Roten Daemonen sind Telepathen. Die Rechtsverbiegerin lief puterrot an und bat Pracker Ixten um eine bußpflichtige Verwarnung des Angeklagten, doch Serpin Spiner verwies geschickt auf §144: Die Gedanken sind frei.
Pracker Ixten ließ es mit einer Ermahnung bewenden, doch ein süffisantes Lächeln schien durch seinen weißen Bart.
Dennoch: "UM DIE HÖHE DER STRAFE ZU BEMESSEN; HALTE ICH ES FÜR DURCHAUS SINNVOLL, DIE NÄHEREN UMSTÄNDE UND DIE INTENTION DES ANGEKLAGTEN ZU PRÜFEN. IHREM ANTRAG WIRD STATTGEGEBEN, FRAU STAATSANWÄLTIN, KREUZVERHÖR!” (Pracker Ixten sieht Alles. Aber er schaut nicht immer hin. Pracker Ixten ist hoffnungslos überarbeitet und auf seinem Schreibtisch stapelt sich der unerledigte Papierkram viele Kilometer hoch). Nachdem ReinRed im Zeugenstand Platz genommen hatte, schwebte Ülks mit grimmiger Miene zum Angeklagten und formulierte schnippisch ihre erste Frage: "Wie genau kam es zum Abstieg des Ihnen zugewiesenen Vereins, Angeklagter?”
"Es war ein Aufstellungsfehler. Als ich es bemerkte, war es schon zu spät, um einzugreifen.”
"Sie behaupten also, es bestand keine Chance diesen Fehler zu verhindern?”
ReinRed musste jetzt aufpassen, denn niemand konnte Pracker Ixten belügen. Ein gewisser Rattler Scan hatte es mal probiert. Damit hatte die ganze Scheiße angefangen. Er entschloss sich zu einer diplomatischen Antwort: "Gewiss hätte ich den Fehler verhindern können, wenn ich die Entwicklung früher beobachtet hätte, doch ich schaute gerade woanders hin. Ich bin mir der Pflichtverletzung bewusst, deshalb habe ich mich auch schuldig bekannt und erwarte meine gerechte Strafe in demütiger Buße.”
Serpin Spiner nickte ihm lächelnd zu. Immer auf reuigen Sünder machen. Das brachte Pluspunkte. So hatte er es überhaupt erst in den Himmel geschafft. Des Richters strenger Blick traf ihn und er schaute betreten zu Boden. Funktionierte immer wieder. Sein Grinsen blieb unbemerkt.
"So so!”, fuhr Ülks in ironischem Tonfall fort, "Vielleicht wäre der Fehler also zu verhindern gewesen, wenn sie nicht einen klitzekleinen Moment abgelenkt gewesen wären? Trifft es zu, dass Sie mit der Herstellung bunter Bildchen auf Plastikfolie dermaßen beschäftigt waren so dass Ihnen die Zeit fehlte, sich eingehend mit ihrer Aufgabe zu beschäftigen? Ist es wahr, dass ihr Verein daraufhin einen profilierungssüchtigen Preisgeldpiraten anstellte, um Sie notdürftig zu ersetzen?
Meinen sie nicht auch, dass ein Magier die Chance gehabt hätte, irgendwo in dieser Kette von traurigen Ereignissen einzugreifen? Selbst wenn er kurz abgelenkt war?”
"Ja.”, antwortete der angeklagte Magier kleinlaut.
Märtyrer waren so schrecklich selbstgerecht. Die Heiliggesprochenen waren die Schlimmsten. Fanatisches Feuer funkelte in Ülks Augen und ihre Nippel standen aufrecht: "Wo befanden sie sich zu dem Zeitpunkt, als der Fehler geschah?”
"Ich schwebte etwa 10 Meter über ihnen.”
"Und trotzdem ist ihnen dieser Vorfall entgangen?”
"Ja.”
"Darf ich fragen, wodurch sie so abgelenkt waren?”
"Einspruch!”, rief Serpin Spiner, "Irrelevant.”
"ABGEWIESEN. ANGEKLAGTER, BEANTWORTEN SIE DIE FRAGE!”
ReinRed schluckte und flüsterte mit vor Verlegenheit heiserer Stimme: "Eine willige westliche Elchkuh.”
Lautes Gemurmel im Saal.
Ülks Nietcafe triumphierte innerlich: "Was war denn so besonders an dieser Elchkuh, dass sie sie von ihrer Pflicht abhielt. Erweckte sie etwa sündige Gedanken in ihnen?”
"Einspruch! Spekulation.”
"STATTGEGEBEN. FORMULIEREN SIE DIE FRAGE ANDERS!”
Ülks lächelte hinterlistig: "Beschreiben sie, was sie sahen!”
Der Magier ReinRed brach in Tränen aus und vergrub sein Gesicht in den Händen.
"ANTWORTEN SIE!”, sprach der Herr, der jetzt auch neugierig geworden war.
ReinRed Benleb schluchzte: "Ihr Gesicht trug die Züge einer Madonna. Sie stieg aus den schlammigen Fluten einer Suhle mitten im Wald und rieb ihren braungebrannten Körper mit Öl ein. Ihre straffen durchtrainierten Schenkel glänzten im Sonnenlicht. Mit ihrem knackigen Hintern hätte sie Nüsse knacken können. Und dann diese gigantischen, prallen, mächtigen, straffen, melonenartigen...”
"Genuuug”, schrie die eher flachbrüstige Rechtsverbiegerin, "Für mich ist die Beweisführung abgeschlossen.”
Die Menge tobte. Viele Rote Daemonen im Publikum machten ihrer Empörung Luft. Andere, die seine Gedanken verfolgt hatten, verzogen sich aufs Klo, um sich eigenhändig Freude zu bereiten.
"RUHE IM SAAL!”, rief der Herr und ließ seinen Hammer krachend niedersausen. Die Wolfie Berge brachen endgültig auseinander und eine Welle glühender Lava begrub Sicc Nervatur unter sich. Pracker Ixten musste schmunzeln, denn er war sich der Ironie bewusst, doch konnte er es sich nicht gestatten, dass solche Kleinigkeiten das Tagesgeschäft beeinflussten:
"HERR VERTEIDIGER; HABEN SIE NOCH FRAGEN AN DEN ANGEKLAGTEN?”
"Nein, hohes Gericht.”, stammelte Serpin Spiner, der mit einer Beule in seiner Hose kämpfte.
Die Schlussplädoyers gerieten recht kurz. Ülks spie noch etwas Galle und Serpin wies auf die Unbescholtenheit und das reuige Geständnis seines Mandanten hin.
Pracker Ixten verkündete das Urteil:
"SCHULDIG IM SINNE DER ANKLAGE. DER ANGEKLAGTE WIRD ZUR HÖCHSTSTRAFE VERURTEILT. ZUR URTEILSBEGRÜNDUNG: FÜR EINE DERART SCHWERE PFLICHTVERLETZUNG IST DIE HÖCHSTSTRAFE DURCHAUS ANGEMESSEN. SPEZIELL, WENN MAN DIE NIEDEREN BEWEGGRÜNDE DES ANGEKLAGTEN IN BETRACHT ZIEHT, ERSCHEINT ES MIR UNMÖGLICH, DIE STRAFE ZUR BEWÄHRUNG AUSZUSETZEN. DIE VERHANDLUNG IST GESCHLOSSEN. DAS URTEIL WIRD SOFORT VOLLSTRECKT”

"Neeeiiin!”, wimmerte der verurteilte Magier. Serpin Spiner klopfte ihm tröstend auf die Schulter.

Armes Schwein.

Plötzlich wurde es dunkel um ReinRed. Er konnte nicht erkennen, wo er war. Eine tiefe Basstrommel dröhnte monoton in der Ferne. Dann kam Bewegung in die Sache. Erst schien ihn etwas zerquetschen zu wollen, dann wich die Dunkelheit einem blendend hellen Licht, das seinen empfindlichen Augen schmerzte. Jemand griff nach seinen Fußgelenken, hielt ihn in die Höhe und versetzte ihm einen Schlag auf den nackten Arsch.

Der Magier weinte. Laut schrie er seine Wut und Verzweiflung in den kalten Kreißsaal hinaus.

Die Höchststrafe war wirklich zu grausam.

 
     
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